"Ich hab kein Burn out. Ich hab Fuck off."
Eine Bestandsaufnahme zu fast 200 Folgen Radiotatort

Das Konzept
Der größte Unterschied zum TV-Tatort ist das fehlende Bild, ansonsten handelt es sich um das gleiche Konzept: Jede der neun ARD-Anstalten produziert mit eigenen Autoren und festem Darstellerteam Kriminalhörspiele. Jeden Monat ein neues, das etwa in der Monatsmitte über den Zeitraum einer Woche auf den jeweiligen Kultursendern der Anstalten auf einem ihrer festen Hörspielplätze ausgestrahlt wird. Zeitgleich kann man sie im sendereigenen Livestream hören, und wie in der TV-Mediathek liegen sie danach ein Jahr lang zum Download in der ARD-Mediathek. Wie auch im TV produzieren die größeren Rundfunkanstalten (WDR, SWR, BR und NDR) mehrere Fälle pro Jahr (hier durchschnittlich zwei), die kleineren Anstalten (HR, SR, RB, RBB, MDR und mittlerweile auch der Schweizer Rundfunk SRF) weniger, hier einen pro Jahr. Statt 88 haben die Ermittler nur 55 Minuten Zeit, das ist dann aber schon der letzte Unterschied. Obwohl - die Quoten liegen sicher unter denen des Fernsehens, wer hört denn heute noch Radio oder gar Hörspiel - aber nach Aussagen der Produzenten erreicht jede Sendung durch die zusätzlichen Downloads etwa eine halbe Million Hörer pro Monat - und das ist schon eine Hausnummer.Der Inhalt
Nach fast 200 Folgen ist festzustellen, dass es inhaltlich noch viel mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Seh- und Hörtatorten gibt. Da haben wir einerseits sehr konventionell erzählte "Whodunit"-Geschichten, die mit dem Auffinden des Opfers beginnen und die Ermittler beim Aufklären des Falles begleiten. Bei manchen Teams stehen die persönlichen Hintergründe der Kommissare und Beziehungen zwischen ihnen stärker im Fokus. Es gibt Produktionen, bei denen der Comedyaspekt stärker betont wird; es gibt die seltenen Fälle mit offenem Ausgang, die üblicherweise bei den Hörern nicht so beliebt sind, und hin und wieder rutscht ein inhaltlich sehr skurriler Plot dazwischen. Alles Zutaten, die man auch aus dem Fernsehen kennt. Halt, doch noch ein Unterschied: Ein paar ganz wagemutige Anstalten leisten sich die rücksichtlose Produktion im lokalen Dialekt - das ist uneingeschränkt zu begrüßen, weil die Mundart den Charakter der Sprache und der Sprecher prägt. Die bayrischen Radiotatorte der ersten Generation waren in dieser Hinsicht ungeschlagen gut.Die Sender und ihre Teams
Auch hier finden sich große konzeptionelle Gemeinsamkeiten mit dem TV-Tatort. Die meisten Anstalten lassen die Bücher von einem oder maximal zwei festen Autoren verfassen, auch Regisseur und Team wechseln selten. Bei einer Produktionsdauer von mittlerweile fünfzehn Jahren verschwinden Ermittlerteams oder verändern zumindest ihre Besetzung, aber einigen der Sender ist eine beachtliche Konsistenz in erzählerischer Qualität zu bescheinigen. Dazu soll es hier ein wenig ins Detail gehen.
Norddeutscher Rundfunk (NDR): Dombrowski & Treuenfels (früher Breuer, Döring und Garthmann)
Über das neue Team lässt sich nach zwei Fällen noch nicht viel sagen, aber mit Bjarne Mädel in einer Nebenrolle kann eigentlich wenig schiefgehen.
Mit 24 Fällen waren die norddeutschen Ermittler eins der dienstältesten Gespanne im Radiotatort. Der besondere Kniff dieser zunächst im Wechsel von den Schriftstellern Elisabeth Herrmann, Matthias Wittekindt (bis 2012) und später ausschließlich Sabine Stein verfassten Drehbücher war, dass es sich bei einer der beiden Hauptfiguren nicht um einen Kriminalbeamten, sondern den notorisch klammen Jazzpianisten Jac Garthmann, hervorragend gespielt von Martin Reinke, handelte. Die mit ihm zunehmend befreundete Hamburger KHK Bettina Breuer, gesprochen von Sandra Borgmann, setzte ihn als verdeckten Ermittler bei ihren Untersuchungen ein. Seit einem spannenden und bis in die Nebenrollen hochkarätig besetzten Solo-Auftritt von Garthmann im April 2016 entstanden nur noch Folgen, in denen entweder Beuer oder Garthmann mit dem neuen Kommissar Döring auftraten - warum, ist nicht bekannt (aber ich würde es wirklich gern wissen ;-). Mit einem über mehrere Folgen erzählten psychischen Abstieg des Kommissars endete diese Ära im September 2022.
Südwestdeutscher Rundfunk (SWR): Ekkelsberg & King (früher Finkbeiner und Brändle)
Der SWR wartete im Jahr 2022 mit einem neuen Team in bisher 4 inhaltlich zusammenhängenden Fällen auf, das mit Lisa Wagner eine sehr populäre TV-Schauspielerin in der Besetzung hat, sich bezüglich der Geschichten von Monika Geier aber noch finden muss, denn es hat große Fußstapfen zu füllen.
Seit Beginn der Sendereihe bestand das stabilste Team in steter Regelmäßigkeit (22 Fälle) aus Ueli Jäggi als dem üblicherweise eher bedächtigen, scharfsinnigen alten Hasen Xaver Finkbeiner und Karoline Eichhorn mit bemerkenswertem Schwäbisch als seiner leicht aufbrausenden jüngeren Kollegin Nina Brändle. Die Geschichten wurden in der Regel ziemlich zügig erzählt, je nach Autor mit Schwerpunkt auf Action oder Fokus auf dem Ermittlerduo. Interessanterweise hat der SWR die meisten verschiedenen Autoren für Finkbeiner und Brändle beschäftigt, insgesamt acht, darunter hochkarätige Namen wie der Schriftsteller Friedrich Ani (Tabor Süden; Tatort), der Anwalt, Schriftsteller und preisgekrönte Drehbuchautor Fred Breinersdorfer (Rechtsanwalt Abel; Tatort) und der Hörspielautor und -regisseur Walter Adler. In den letzten Jahren waren Katja Röder und Hugo Rendler die Hauptautoren der SWR-Geschichten, die dadurch wohltuend an inhaltlicher Kontinuität und gestalterischer Konsistenz gewonnen hatten. Die Fälle des Teams endeten im August 2021.
Bayrischer Rundfunk (BR): Adler und Tekin (früher Hosnicz & Rosenberg,davor Egger und Pollinger)
Nach dem kurzlebigen Intermezzo begann 2023 mit inzwischen 3 Fällen eine neue Reihe aus der Feder von Su Turhan, deren Hauptfigur die Kommissarstochter und Privatdetektivin Yanina Adler ist, die ein befreundeter Kommissar namens Tekin in seine Fälle einbezieht, wenn er nicht weiter kommt. Die ersten beiden Fälle zeugten durchaus vom Potenzial dieser Konstellation.
Das Ermittlerteam Hosnicz/Rosenberg (4 Fälle) hatte seine Premiere im Oktober 2019 mit einer Geschichte vom neuen Autor Franz Dobler. Dabei wurde leider auf den Dialekt und auch die befriedigende Fallaufklärung verzichtet, Korruption innerhalb der Polizei zog sich als roter Faden durch die Fälle.
Kein anderer Sender hatte bis dahin die Mundart so konsequent durchgezogen wie der Bayerische Rundfunk, der sich seine Tatorte ausschließlich von Robert Hültner (Inspektor Kajetan, Tatort) schreiben ließ. Die insgesamt 17 Fälle spielten auf einem Revier in der fiktiven Kleinstadt Bruck am Inn, und die beiden Hauptfiguren waren die Streifenpolizisten Senta Pollinger (Brigitte Hobmair) und Rudi Egger (Florian Karlheim). Aber auch die Kollegen vom Revier bekommen ausreichend Sprechzeit und sind gelegentlich auch privat in die Fälle verwickelt. Zwischenzeitlich hatte der BR mal auf Hörerproteste wegen des Dialektes reagiert, indem man die beiden Hauptfiguren in einer exklusiven MP3-Datei, die es auf der Webseite zu hören gab, die Auflösung des Falles nicht ohne Selbstironie auf hochdeutsch sprechen ließ. Und die Frage, die sich in jeder Folge neu stellte, war, ob sich die beiden Single-Kollegen denn persönlich näher kommen werden, Andeutungen gab es genug. Leider ging die tolle Ära Bruck im März 2019 endgültig zu Ende.
Westdeutscher Rundfunk (WDR): Task Force Hamm (früher Nadir Taraki)
Die Radiotatort-Premiere führte ein Team um den Düsseldorfer Kommissar Nadir Taraki ein, einen Heißsporn, der sich häufig in Gefahr bringt und sich über die Folgen privat entwickelt, zunächst geschrieben von Peter Meisenberg (Kommissar Löhr) und gesprochen von Baki Davrak. Aus unklaren Gründen wurde er allerdings ab dem fünften Fall mit Mark Waschke, inzwischen selbst Berliner TV-Tatort-Kommissar, umbesetzt, gleichzeitig wechselte die Autorenschaft zu Peter Freiberg und Thomas Koch, und nach 8 Fällen war für Taraki Schluss.
Dann griff der WDR zu einem Trick, der sich für die gesamte Reihe als absoluter Glücksgriff erwies, zumindest was die Anerkennung durch das Publikum betraf. Autor Dirk Schmidt hatte 2010 mit "Task Force Hamm" eine Hörspielkrimikomödie um eine Dienststelle in Westfalen verfasst, in die gescheiterte Existenzen abgeschoben werden. Sie war mit Hans-Peter Hallwachs, Uwe Ochsenknecht, Matthias Brandt und Sönke Möhring hochkarätig besetzt. Bis auf Brandt blieb das Team erhalten, als Schmidt Nadir Tarakis Kollegen Felix Lenz, von Beginn an gesprochen von Matthias Leja, kurzerhand wegen seines Alkoholismus nach Hamm strafversetzen ließ. Seit dem 50. Jubiläums-Radiotatort ist damit die Task Force Hamm fest in die Reihe integriert und entwickelte sich mit mittlerweile 20 Fällen (durchschnittlich anderthalb pro Jahr) zum Münster-Analogon im Radio, nicht zuletzt deshalb, weil sich die Schrullen der Ermittler als Running Gags durch die Reihe ziehen: Vorderbäumen kämpft juristisch gegen den Ruhestand und vertreibt nebenbei für einen Verwandten Möbel, Georg Latotzke legt in der Freizeit als "DJ Latte" Platten auf. Sönke Möhrings Latotzke-Dialekt ist übrigens das absolute Mundart-Highlight der gesamten Radiotatort-Produktionen. Und Lenz ist durch seinen Wechsel von einem Team zum anderen mit Auftritten in 28 Radiotatorten der bisher meistbeschäftigte Ermittler.
Im Januar 2020 gab es einen spektakulären Personalwechsel in der Task Force Hamm: Der im Ursprungshörspiel von Matthias Brandt gesprochene Ditters kehrt nach erfolgreicher Geschlechtsumwandlung als Frau, gesprochen von Kabarettistin Christine Prayon, ins Team zurück, während die Klärung der Nachfolge des ausgeschiedenen Vorderbäumen als Chef zum übergreifenden Motiv wird.
Von 2021 bis 2023 gab es nur jeweils einen Fall aus Hamm und Uwe Ochsenknecht hat nur noch gelegentliche telefonische Auftritte. Glücklicherweise gab es aber im Sommer 2022 drei Specials um die verbliebenen drei Mitglieder der Task Force, die man unter 3 Hammer für ein Hallelujah nachhören kann.
2023 ging es mit einer neuen Folge mit dem großartigen Jochen Busse als Gaststar weiter, und 2024 gab es endlich wieder zwei Fälle über das Jahr.
Mitteldeutscher Rundfunk (MDR): Ritter (früher Fischer, de Beer und Griem)
Seit Dezember 2020 erzählt Auto Dirk Laucke in bisher 5 Fällen Geschichten um die Polizistin Nancy Ritter in der fiktiven anhaltinischen Kleinstadt Lörben, meist mit sozialkritischem Anstrich, aber sehr unterhaltsam und in der Handlung ebenfalls episodenübergreifend angelegt.
Nachdem der Hörspielautor Thilo Reffert bereits ab dem zweiten von letzlich 12 Fällen die Autorenschaft für das Magdeburger Ermittlerteam übernommen hatte und den Kommissar nach einem heiklen Einsatz in Dresden 2012 in den vorzeitigen Ruhestand schickte, hatten die Fälle an Spannung und erzählerischer Vielfalt gewonnen. Den beleibt-behäbigen Fischer spricht mit Hilmar Eichhorn ein Urgestein des DDR-Theaters und -Kinos, die deutlich jüngere Dresdner Schauspielerin Nele Rosetz spielt seine emotional nicht ganz stabile Kollegin Annika de Beer. Die private Geschichte der Figuren wird über die Jahre miterzählt, und Reffert gelingt es immer wieder, Fischer trotz seines Ruhestandes in die Folgen zu integrieren, wobei als Ersatz für ihn im Dienst die junge Kollegin Griem hinzu kommt. Leider endete die Reihe 2019 urplötzlich.
Hessischer Rundfunk (HR): Kommissar Haas (vorher Kommissar Nebe, davor Falk & Falk)
Mit dem Autor Martin Mosebach und dem schrulligen, von Felix von Manteuffel gesprochenen Kommissar Haas gibt es seit Herbst 2018 einen vielversprechenden Radiotatort aus Hessen in bisher 7 Fällen, deren Merkmal ist, dass die Fälle stets durch Rückblenden von sich in starker Mundartfärbung unterhaltenden Nebenfiguren geschildert werden.
Das mit 3 Fällen bisher kurzlebigste Radiotatort-Team bestand aus dem Hauptkommissar Raimund Falk (Peter Jordan) und seinem Vater, dem Fotografen Camillo Falk (Peter Fitz). Die Autoren wechselten jedes Mal, und der von Gesine Danckwart verfasste dritte Fall des Teams, "Rot ist tot", war so haarsträubend wirr und mysteriös, dass es glücklicherweise auch der letzte wurde. Anschließend ließ Hörspielautor und Dozent Friedemann Schulz den nachdenklichen Kommissar Nebe (Sebastian Blomberg) in Rotenburg an der Fulda ermitteln, und seine im Stil des klassischen Crime Noir aus dem Off lakonisch kommentierten, meist recht trostlosen Ermittlungen sind stets hörenswert. Leider nur in 6 Fällen, da Schulz tragischerweise im September 2016 verstarb.
Radio Bremen (RB): Üncan und Brooks (vorher Evernich & Gröninger)
Seit 2019 ermittelt für RB ein Team aus der türkischstämmigen Kommissarin Üncan und ihrem englischen Kollegen Brooks (bisher 6 Fälle), dessen mysteriöse familiäre Vergangenheit als Fortsetzungsgeschichte von Autor Ben-Alexander Safier über die Folgen hinweg erzählt wird.
Die resolute norddeutsche Kommissarin Evernich (Marion Breckwoldt) und der etwas jüngere, sehr auf Vorschriften bedachte Staatsanwalt Gröninger (Markus Meyer) konnen sich zu Beginn der vorher gelaufenen 12 Fälle kaum ab, ergänzten sich aber im Lauf der Zeit durch ihre unterschiedlichen Herangehensweisen an Ermittlungen so, dass sich ein vorsichtiges Vertrauensverhältnis entwickelt hat. Trotz dessen, dass die Geschichten ausschließlich aus der Feder des promovierten Journalisten und Dramaturgen John von Düffel stammen, waren sie sehr abwechslungsreich, manchmal regelrecht gruselig, und gingen gelegentlich auch nicht den Erwartungen des Krimihörers entsprechend aus. Im Sommer 2017 verabschiedete sich Evernich mit der ersten Doppelfolge der Radiotatort-Geschichte, Gröniger hatte mit einem vielversprechenden neuen Team 2018 seinen letzten Auftritt.
Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB): Kruse und Wonder (vorher Polanski und Lehmann (vorher Holz))
Die Berliner Radiotatorte wurden im Wechsel von den Hörspielautoren Wolfgang Zander und Tom Peuckert verfasst. Nach nur vier Fällen wurde die ursprüngliche Kommissarin Holz (Eva Kryll) überraschend rausgeschrieben, und Lehmann (Steffen Scheumann) rückte zu Kommissar Polanski (Alexander Khuon) ins Team, das 7 Fälle löste, die unterhaltsam, aber wenig spektakulär waren. Im letzen Fall fiel Polanski ins Koma, dann erschien 2019 übergangslos das neue Team Kruse/Wonder (bisher 6 Fälle) mit dem tollen Felix Kramer in der Hauptrolle auf der Bildfläche.
Saarländischer Rundfunk (SR): Paquet und Gentner (vorher Krämer)
Die konsequent im Wechsel von Erhard Schmied und Madeleine Giese verfassten bisher 17 Fälle um den Kommissar Michel Paquet (André Jung) und seine neue Kollegin Amelie Gentner (Brigitte Urhausen) spielen im Dreiländereck des Saarlandes und führen die Ermittler gelegentlich auch über die Grenzen. Sie sind eher traditionell erzählte Krimikost mit wenig Erinnerungspotenzial, aber zunehmend Aufgreifen von aktuell gesellschaftlich relevanten Themen. Die ursprüngliche Besetzung von Paquets Kollegin Krämer mit Marie-Lou Sellem verschwand unerwartet nach fünf Fällen, Paquet brauchte dann noch etwas Gewöhnung an die vorwitzige Neue.
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF): Laura Martini (vorher H.P. Anliker)
2019 kam das Schweizer Radio für die Produktion von Radiotatorten ins Boot, möglicherweise aufgrund der allgemeinen Umwälzungen innerhalb der Reihe. Das Autorentrio Matthias Berger, Gion Mathias Cavelty und Lukas Holliger ersann mit der "Meiringer Trilogie" eine mit Mystik und verschiedene Zeitebenen experimentierende Geschichte um den Zürcher Kommissär H.P. Anliker (3 Fälle).
Nach dem Ende der Trilogie blieb sich der Sender der Science Fiction treu und ließ eine neue, im Jahr 2056 spielende Reihe um die ehemalige Komissarin Laura Martini von Dominik Bernet entwickeln, mit bisher drei Fällen, die ebenfalls inhaltlich zusammenhängen.
Besondere Fälle
- Sondersendung zum 10. Geburtstag: Langfassung des 118. Falls
Die ARD-Anstalten machten sich zur Feier von 10 Jahren Radiotatort ein besonderes Geschenk: Einen zweistündigen Crossover-Fall mit dem beliebtesten Team, der "Task Force Hamm", und Gastauftritten von Kommissaren aus allen acht weiteren aktuellen Radiotatorten, geschrieben von sechs regelmäßigen Radiotatort-Autoren und gleichzeitig gesendet auf allen Kultursendern zur Samstag-Abend-Primetime um 20.04 Uhr! Die Premiere war am 13. Januar 2018, in der Woche danach wurde auf den regulären Sendeplätzen eine einstüdige Kurzfassung gesendet, die sich auf einen der beiden Handlungsstränge konzentrierte. - Doppelfolge
Im Juni und Juli 2017 nahm das Bremer Ermittlerduo (Kommissarin Evernich und Staatsanwalt Gröninger) seinen Abschied in einem Fall, dessen Handlung sich über zwei im Monatsabstand gesendete Radiotatorte streckte. - Der 100. Radiotatort
Autor Thilo Refferts (MDR) großer Wurf war der 100. Radiotatort "Hundert von Hundert" im Juni 2016, als er es schaffte, in einem Fall von Fischer und de Beer aus Magdeburg Anspielungen auf alle anderen acht aktuellen Ermittler der anderen Sender unterzubringen. Im Einzelnen waren das (die Zeitangaben beziehen sich auf die Podcast-Version):1:25 und 1:58 Annika de Beer hört einen Podcast eines SWR-Radiotatorts mit Finkbeiner und Brändle von 2009 3:50 Die Saarlouiser Ermittlerin (SR) wird erwähnt. 11:23 und 23:47 Die Task Force Hamm (WDR) wird erwähnt und beschrieben. 11:58 Im Podcast läuft die Folge "Dancing Queen" mit Kommissar Nebe (HR) 27:27, 28:00 und 32:37 Polanski (RBB) wird als Interessent an der Kommissarin erwähnt. 30:30 Der Fall "Die Katze des Libanesen" vom LKA Bremen wird erwähnt (RB). 32:30 Kommissarin Breuer vom LKA Hamburg (NDR) wird erwähnt. 33:16 Referenz auf den ersten Fall des MDR-Teams von 2008. 46:00 Senta Pollinger und ein Fall von 2011 des BR werden erwähnt. - Task Force Hamm
Dieses Hörspiel von Dirk Schmidt, entstanden im Jahr 2010, hatte Premiere auf dem Festival "Mord am Hellweg". Es ist quasi der Ur-Fall des WDR-Teams, das seit dem 50. Radiotatort als beliebteste Ermittlergruppe gelten kann. Aus der Originalbesetzung ist nur Matthias Brandt nicht mehr dabei, stattdessen kam Matthias Leja hinzu, dessen Figur Felix Lenz vom bisherigen WDR-Tatort-Team übernommen wurde. Spätere Radiotatorte mit der TFH knüpfen an Personen und Umstände dieses Hörspiels an, einschließlich des Wiederauftauchens der von Brandt gespielten Figur.
Das Ausdünnen der Hammer Radiotatorte in den Jahren 2021 und 2022 wurde außerhalb der Reihe mit drei kürzeren Folgen unter dem Titel 3 Hammer für ein Hallelujah kompensiert.
Im Zuge des 15jährigen Jubiläums wurde "Task Force Hamm" im Dezember 2023 auf dem regulären Sendeplatz ausgestrahlt und damit nachträglich in den Kanon aufgenommen.
Radiotatort auf CD
Die Idee, die Radiotatorte auf einzelnen CDs verfügbar zu machen, starb übrigens schon nach Einzelausgaben der ersten zwölf folgen mangels Interesse der Käufer. Meine Anregung, jährliche MP3-CDs mit je zwölf Hörspielen in den Handel zu bringen, beantwortete der Radiotatort-Koordinator des SWR, Ekkehard Skoruppa, seinerzeit interessiert, aber mit dem Verweis darauf, dass sich dafür noch kein Verlagspartner gefunden habe, der die unternehmerischen Risiken tragen würde. Seitdem bastel ich mir meine Jahresarchive inklusive Booklets also regelmäßig selbst.Aber so abwegig war die Idee wohl doch nicht, denn neuerdings gibt es die ersten acht Fälle der Task Force Hamm und die nächsten sechs Hammer Fälle jeweils auf einer MP3-CD über einschlägige Händler zu beziehen, und auch vier von Elisabeth Herrmann geschriebene NDR-Radiotatorte sind als CD-Pack erhältlich. Außerdem gibt es diverse Fälle bei Audible zu hören, und in den Mediatheken der ARD sind ebenfalls Fälle früherer Jahre nachhörbar. Nicht komplett, was mich aber nicht stört, denn ich hab ja mein Archiv ;-).
Die Webseite - leider im September 2018 eingestellt
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die ausführliche Webseite unter www.radiotatort.de zum Spaß beitrug. Nicht nur, weil einige Sender sich befleißigten, Bonusmaterial zu produzieren, das von Fotostrecken im Studio bis zu Videos von der Produktion reichte, sondern auch wegen der exklusiven Zeichnung, die der Grafiker Jürgen Frey quasi als "Covermotiv" jeden Monat anfertigt. Vor einem Relaunch der Seite vor einigen Jahren waren es sogar jeweils zwei Bilder, leider hat auch die sonstige Materialfülle seitdem abgenommen. Dennoch, für die Sammler und Bastler hielt sie immer noch genug Material zu den aktuellen und vergangenen Fällen bereit, um sich schöne Booklets zu basteln.
Leider wurde die Sendungsseite im September 2018 überraschend (und wohl aus Kostengründen) eingestellt, die Downloads gingen in die zentralisierte ARD-Mediathek über, die Zusatzinformationen bestehen seitdem nur noch aus einer Covergrafik und einer Kurzzusammenfassung der Folge.
Als kleine Entschädigung für treue Fans gibt es hier das Jahr 2024 als Booklet, in der Form, wie ich es mir seit 2008 aus dem Material der Webseite selbst gebaut habe. Geht ja nun nicht mehr, aber mit ein bisschen intensiver Rechereche und dank der ARD Hörspieldatenbank lassen sich die Informationen und ein paar Bilder dennoch auftreiben. Viel Spaß damit! Alle Rechte an den Texten und Bildern liegen bei der ARD.
2019-2023 - Generationswechsel
Im zwölften Jahr hatte es den Radiotatort mächtig durchgerüttelt. Als hätte es 2018 mit dem Ende der Webseite und dem Start von Kommissar Haas beim HR nicht gereicht, zeigte sich nun, dass auch Staatsanwalt Gröninger bei Radio Bremen und das Berliner Team Polanski/Lehmann in jenem Jahr ihre letzten Fälle hatten (Details siehe oben). Ihnen folgte 2019 der bedauerliche Abschied der bayrischen Streifenpolizisten nach 17 herrlichen Hörspielen, eine unerwartete Wiederholung eines alten Falls der Task Force Hamm, und zum Jahresende komplett neue Teams vom RBB, Radio Bremen, dem bayrischen Rundfunk und erstmalig auch dem Schweizer Rundfunk, mit dem Beginn einer durch drei Zeitepochen reichenden und damit eher zur Science Fiction gehörenden Trilogie.
Dass 2019 auch der letzte Fall für Fischer und de Beer in Magdeburg gelaufen war, trat recht überraschend zu Tage durch eine Wiederholung von 2013 im Juli und eine neue MDR-Ermittlerin von einem neuen Autor im Dezember; es sieht also eher nach einem unvorbereiteten Ende für die erzählerisch sehr soliden Radiotatorte von Thilo Reffert aus.
Auch in den Folgejahren hielten die Veränderungen an - das mittlerweile dienstälteste Team, das ohne Personalwechsel über 14 Jahre und 22 Fälle kam, Finkbeiner und Brändle aus Stuttgart, ging 2021 eher klanglos in den Ruhestand, gefolgt von den verbliebenen Figuren des NDR im Jahr 2022 nach 25 Fällen; in jenem Jahr ging auch das kurzlebige zweite BR-Team nach nur vier Folgen zu Ende.
2022 brachte schließlich gleich zwei Folgen mit dem neuen SWR-Team und nach Ende der Schweizer Trilogie auch eine auf Fortsetzung angelegte, ebenfalls weit in der Zukunft handelnde Kommissarin aus dem Nachbarland.
Damit sind vom Anfang der Reihe nur noch Felix Lenz, mittlerweile Teil der Task Force Hamm, mit 28 Auftritten und Michel Paquet aus Saarlouis in 17 jährlichen SR-Fällen dabei. Das Jahr 2024 war das erste ohne personelle Wechsel seit 2018. Hoffen wir, dass nun wieder etwas Kontinuität einzieht.
Leider scheint es nun auch Tradition zu sein, einen Fall im Jahr als Wiederholung zu senden. Während das 2012 noch als unglücklicher Umstand deklariert worden war, ist es seit 2019 jedes Jahr zu verschiedenen Zeiten, inzwischen meist in der ersten Jahreshälfte vorgekommen.
Disclaimer
Der obige Text gibt nur meine ganz persönliche Meinung wieder. Ich stehe in keinerlei persönlicher oder kommerzieller Verbindung zu den Produzenten des Radiotatort. Mehr Informationen und diverse Downloads gibt es recht gut versteckt in der ARD-Mediathek und in der Wikipedia, dort findet man auch eine übersichtliche Liste aller Folgen. Wer Anmerkungen oder Rückmeldungen hat, kann sich gern per Email melden. Danke für die Aufmerksamkeit!
Stand: Dezember 2024 (195 Folgen)